Partizipien als Adjektive
Was man über Partizipien wissen sollte.
Partizipien werden vom Verb abgeleitet. Man unterscheidet zwei Arten von Partizipien:
- (Grundform = Infinitiv: bluten, laufen, singen, ...)
- Partizip I: blutend, laufend, singend, ...
- Partizip II: geblutet, gelaufen, gesungen, ...
Das Partizip II wird gebraucht, um das Perfekt, das Passiv und das Plusquamperfekt zu bilden. In diesen Fällen ist das Partizip II Teil des Prädikats. Beide Partizipien, sowohl Partizip I als auch Partizip II, können auch wie ein Adjektiv benutzt werden.
- Verb + Partizip II (als Teil des Prädikats):
- Das Geschäft bleibt heute wegen Krankheit geschlossen.
- Das Fenster ist geöffnet.
- Das Haus ist komplett abgebrannt.
- Partizip II + Nomen (Adjektivfunktion):
- Das schwer verletzte Tier ist nach drei Tagen verstorben.
- Der abgetrennte Finger konnte wieder angenäht werden.
- Der verstorbene Mann hinterließ ein Millionenerbe.
Das Partizip I bildet man mit dem Infinitiv + d: schreiend, schwimmend, wartend, ...
Das Partizip II der regelmäßigen Verben bildet man nach den bekannten Regeln.
Das Partizip II der unregelmäßigen Verben bildet man nach den bekannten Regeln.
Das Partizip I als Adjektiv
Das Partizip I als Adjektiv drückt eine Gleichzeitigkeit oder eine nicht abgeschlossene Aktion aus. Gleichzeitigkeit bedeutet, dass zeitgleich zwei parallele Handlungen durchgeführt werden. Eine von beiden Handlungen wird untergeordnet und bildet das Partizip I, die andere Handlung ist übergeordnet und bildet das Prädikat im Satz.
- Der Hund liegt vor seiner Hundehütte und knurrt.
- Der Hund liegt knurrend vor seiner Hundehütte.
- Der Chef ging aus dem Zimmer und lachte.
- Der Chef ging lachend aus dem Zimmer.
Das Partizip I kann alleine stehen. In diesem Fall wird es nicht dekliniert.
- Die Hausfrau kocht Suppe und telefoniert dabei.
- Die telefonierende Hausfrau kocht Suppe.
- Der Vogel saß auf einem Ast. Dabei zwitscherte er.
- Der zwitschernde Vogel saß auf einem Ast.
Steht das Partizip I vor dem Nomen als Adjektivattribut, gelten die allgemeinen Regeln zur Adjektivdeklination.
Artikel + Partizip I + Adjektivdeklination + Nomen |
Das Partizip II als Adjektiv
Das Partizip II als Adjektiv drückt meist eine passivische Handlung, ein Resultat oder etwas Abgeschlossenes aus. Die beiden Handlungen laufen nicht parallel, sondern zeitlich versetzt.
- Der Dieb fand den Schmuck nicht. Der Schmuck wurde versteckt.
- Der Dieb fand den versteckten Schmuck nicht.
- Herr Klatsch hat sich ein Auto gekauft. Sein neues Auto ist aber gebraucht.
- Herr Klatsch hat sich ein gebrauchtes Auto gekauft.
- Letzte Woche wurde mir mein Fahrrad gestohlen. Gestern wurde es wiedergefunden.
- Gestern wurde mein gestohlenes Fahrrad wiedergefunden.
Das Partizip II als Attribut steht zwischen dem Artikel und dem Nomen, auf das es sich bezieht (der ... Schmuck, das ... Auto, das ... Fahrrad). Steht das Partizip II vor dem Nomen als Adjektivattribut, gelten die allgemeinen Regeln zur Adjektivdeklination.
Artikel + Partizip II + Adjektivdeklination + Nomen |
Partizipialkonstruktionen
Ein Partizip als Adjektivattribut lässt sich wie gesehen aus einem selbständigen Satz herleiten. Beziehen sich weitere Angaben auf ein Partizip, werden diese als Partizipbegleiter in die Umformung mitgenommen. In diesem Fall spricht man von einer Partizipialkonstruktion. Die Angaben der Partizipialkonstruktion stehen dann zwischen Artikel und dem Partizip:
Beispiele zur Partizip I - Umformung (Gleichzeitigkeit - Aktivsatz):
- Der Mann ging aus dem Zimmer. Dabei lachte er laut.
- Der laut lachende Mann ging aus dem Zimmer.
- Das Kind fürchtet sich stets im Dunkeln. Es geht nachts immer ins Elternbett.
- Das sich stets im Dunkeln fürchtende Kind geht nachts immer ins Elternbett.
- Die Vögel, die fröhlich vor sich hinzwitschern, sitzen auf den Bäumen.
- Die fröhlich vor sich hinzwitschernden Vögel sitzen auf den Bäumen.
Beispiele zur Partizip II - Umformung (Vorzeitigkeit - Passivsatz):
- Der Dieb fand den Schmuck nicht. Der Schmuck war in einem Tresor versteckt.
- Der Dieb fand den in einem Tresor versteckten Schmuck nicht.
- Das Kind gibt nur freche Antworten. Es ist sehr schlecht erzogen.
- Das sehr schlecht erzogene Kind gibt nur freche Antworten.
- Die Frau, die vor ein paar Stunden am Herzen operiert wurde, schläft noch ruhig.
- Die vor ein paar Stunden am Herzen operierte Frau schläft noch ruhig.
Partizipialkonstruktionen lassen sich auch in Relativsätze umformen:
- Der Mann, der laut lachte, ging aus dem Zimmer.
- Das Kind, das sich stets fürchtet, geht nachts immer ins Elternbett.
- Die Vögel, die fröhlich vor sich hinzwitschern, sitzen auf den Bäumen.
- Der Dieb fand den Schmuck nicht, der in einem Tresor versteckt war.
- Das Kind, das sehr schlecht erzogen ist, gibt nur freche Antworten.
- Die Frau, die vor ein paar Stunden am Herzen operiert wurde, schläft noch ruhig.
Partizipialkonstruktionen gehören zum gehobenen Sprachgebrauch. Meist finden sie in juristischen oder wissenschaftlichen Texten Verwendung. In der Alltagssprache spielen die Partizipialkonstruktionen keine Rolle.